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«Zwischen Bangen und Hoffen»

Am Dienstag ging man im Rahmen des Kulturfestivals «Wahnsinnsnächte» in Rapperswil-Jona mit dem Film «Zwischen Bangen und Hoffen» und einer Podiumsdiskussion im Kino Leuzinger den Hoffnungen und Ängsten psychisch erkrankter Menschen und ihrer Angehörigen auf den Grund.

Rapperswil-Jona. – Mit Offenheit und Mut liessen die Menschen sowohl im Dokumentarfilm von Annemarie Friedli, als auch später auf der Bühne die Anwesenden in ihre Gedanken und ihr Leben blicken. Damit brachten die Organisatoren, das Ostschweizer Forum für psychische Gesundheit und das St. Galler Bündnis gegen Depression, auf ganz persönliche Weise das Thema psychische Erkrankungen heraus aus den Behandlungszentren und hinein in das kulturelle Leben.

Mit-Leiden braucht Hilfe
Der Film thematisierte, wieso ein von der bekannten Norm abweichendes Verhalten andere Menschen irritiert, welchen Stigmatisierungen auf die Betroffenen zukommen und mit welchen körperlichen und seelischen Belastungen und auch Schuldgefühlen die Angehörigen zu kämpfen haben. So führt bei letzteren gerade das wörtlich zu nehmende Mit-Leiden nicht selten zu einem Rückzug aus der Gesellschaft. Denn Hilfe in Anspruch zu nehmen ist nicht immer leicht.

«Man vergisst schnell, dass auch die Angehörigen leiden und ihr Weg häufig in der Isolation endet», mahnte auch Bruno Facci von der Vereinigung von Angehörigen von psychisch Kranken (VASK) bei der Podiumsdiskussion im Anschluss an den Film. Hier liessen die Teilnehmer an ihrem ganz persönlichen Erfahrungsschatz teilhaben. Ganz wie der Titel der Dokumentation suggeriert, spielt hier vor allem die Gratwanderung «zwischen Bangen und Hoffen» eine Rolle im Leben psychisch Erkrankter, wie Verena Mühlebach bestätigen konnte. «Mir geht es wieder gut, aber die Angst, dass dies nicht so bleibt, begleitet mich.»

Es gibt immer Möglichkeiten
«In heutiger Zeit hat es viele Veränderungen in der Psychiatrie gegeben. Viele der Vorurteile gegenüber den Erkrankten und dem Fachpersonal sind aber geblieben», bedauerte Dragana Maggio, Oberärztin des Psychiatrischen Zentrums Rapperswil. Dementsprechend appellierte ihre Kollegin, die Psychologin Martina Frei, auch an alle, sich selbst und andere nicht auszugrenzen. «Es sind die unterschiedlichsten Menschen betroffen, aber es gibt immer Hoffnung und einen Ansatz, etwas zu tun.»

Vor dem Hintergrund, dass fast die Hälfte aller Menschen im Laufe ihres Lebens auf die eine oder andere Weise von einer psychischen Erkrankung betroffen sind, wie Podiumsleiter Jürg Engler vom St. Galler Bündnis gegen Depression erklärte, scheint dieser Rat noch wichtiger. Auch Andrea Zwicknagl als Betroffene erklärte: «Nicht darüber zu sprechen ist der Regelfall, ich kann aber nur jedem raten, so früh wie möglich andere einzuweihen. Je offener man ist, umso hilfreicher ist es und das geheime Wissen wird nicht zu einer Belastung für die Eingeweihten.» Ganz in diesem Sinne lässt sie sich derzeit zur Peer-Beraterin ausbilden, um ihre Erfahrungen in die Hilfe für andere einbringen kann.

Zuhören und respektieren
Wie Maggio erklärte, werden solche Angebote auch im Psychiatrischen Zentrums Rapperswil sehr geschätzt. Auch die Angehörigen haben hier einen immer grösseren Stellenwert eingenommen und können selbst von kostenlosen Beratungsangeboten Gebrauch machen. Speziell dies freute auch Facci, der es schätzte, was in den vergangenen Jahrzehnten in diesem Bereich passiert ist. «Im praktischen Alltag gibt es aber noch viel Verbesserungspotential», wies er darauf hin, dass beispielsweise die gemeindenahen Hilfsangebote ausbaufähig sind.

In der Quintessenz blieb vor allem, dass es immer bedeutend sei, einander wirklich zuzuhören, die Hilfe von Fachpersonen ohne Scham in Anspruch zu nehmen, Erkrankte und ihre Angehörigen zu respektieren und so zu einer Endstigmatisierung der psychischen Erkrankungen beizutragen.