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Zeugen des klösterlichen Lebens

Das «Kloster St. Maria der Engel» beherbergt unter seinen Dächern zahlreiche Gegenstände, die Zeugen der klösterlichen Geschichte sind. Diese gilt es nun, zu sortieren und zu verwerten. Ein Grossprojekt, für das Geduld und fachkundiger Rat wichtig sind.

Wattwil. Im Jahr 1621 legte Fürstabt Bernhard Müller den Grundstein für einen Klosterneubau auf der Wenkenrüti. Das Kloster diente über die Jahrhunderte hinweg den Kapuzinerinnen, welche die Anlage aber seit 2010 nicht mehr bewohnen und bewirtschaften. Denn die zuletzt verbliebenen sieben Ordensschwestern konnten diese Aufgabe nicht mehr bewältigen. 2010 verliessen sie das Kloster und wurden in anderen Klöstern aufgenommen. Seit dem Frühjahr 2012 ist die «Fazenda da Esperança», eine Wohngemeinschaft für junge Menschen in schwierigen Lebenssituationen, im ehemaligen Kloster beheimatet. Das «Kloster St. Maria der Engel» gehört heute zu den schützenswerten Kulturgütern. Aber auch sein Inventar birgt manche historisch spannende Entdeckung. Die im Mai 2014 gegründete Stiftung «Kloster St. Maria der Engel» ist nun mit der Kategorisierung, Einlagerung, Veräusserung und Entsorgung des klösterlichen Nachlasses betraut. Eine wahre Mammutaufgabe, hat sich doch über die Jahrhunderte naturgemäss viel angesammelt.

Sortieren und kategorisieren
Die kunsthistorisch wertvollen Gegenstände, wie beispielsweise eine gotische Kreuzigungsgruppe oder eine Ähren-Madonna mit goldenen Ähren auf einem blauen Gewand, wurden direkt nach dem Auszug der letzten Ordensschwestern in der Sakristei der St. Galler Kathedrale eingelagert. Zudem wurden als Leihgaben eine Madonna an das Stadtmuseum in Rapperswil-Jona und ein Bild an das Toggenburger Museum übergeben, berichtet Fridolin Eisenring, Präsident der Stiftung «Kloster St. Maria der Engel» in Wattwil. Alle anderen Güter, die über die Jahrhunderte auf dem Areal angesammelt wurden, mussten und müssen zunächst sortiert werden.

Den Anfang machte man hier seitens der Fazenda, die vor zweieinhalb Jahren damit startete, die von den Bewohnern genutzten Räumlichkeiten nutzbar zu machen. Auch die Stiftung hat ihre Arbeit aufgenommen und befasst sich mit der Kategorisierung der Gegenstände. «Wir nehmen jedes Teil in die Hand», erklärt Fridolin Eisenring. Denn es ist jeweils zu prüfen, ob es sich um einen für die Klostergeschichte wichtigen Gegenstand handelt, ob es etwas ist, was noch veräussert werden kann oder ob das jeweilige Teil zu entsorgen ist. So wurde neben zahlreichen Möbeln aus den unterschiedlichsten Epochen auch ein zerlegter, bemalter Kachelofen aus dem 19. Jahrhundert gefunden, der zum Verkauf steht. Ebenso sollen in der Zukunft unzählige Truhen, Betstühle, Möbel und Einrichtungsgegenstände bis hin zu Weihnachtsschmuck zum Verkauf angeboten werden.

Geschichte dokumentieren
Aus Sicht der Stiftung sind besonders diejenigen Gegenstände von besonderem Wert, welche die Geschichte des Klosters dokumentieren. Diese sollen im Kloster verbleiben und dessen Historie, sowie das klösterliche Leben nachvollziehbar machen. Hierzu gehört neben religiöser Kunst unter anderem ein historisches Handwaschbecken oder Tafeln, auf denen seit 1622 alle Schwestern verzeichnet sind. «Diese reichen leider nur bis 1980, aber wir werden die letzten Schwestern noch von einem Schriftenmacher nachtragen lassen», erklärt Fridolin Eisenring. Auch sind Zeugen des klösterlichen Handwerkes aufgetaucht, zu denen historische Webeinrichtungen, sowie Textilien gehören. Ein Altaraufbau, der nach der Klosterrenovierung offensichtlich auf dem Dachboden eingelagert wurde, wird ebenfalls im Kloster verbleiben.

Ein besonderes Relikt ist auch eine alte Brennereianlage, mit der die Klosterschwestern höchst wahrscheinlich noch bis kurz vor ihrem Auszug die Früchte des Gartens zu Bränden und Arzneien verarbeiteten. Auch konnte noch nachvollzogen werden, wie die Schwestern die Gemüseernte im Keller in Sand einlagerten und vieles mehr. «Man kann anhand dieser Fundstücke erkennen, wie das Kloster einst eine eigene, abgeschlossene Welt war, die auf Selbstversorgung ausgelegt war», umschreibt Fridolin Eisenring den zentralen Wert der Hinterlassenschaften im Kloster. So sollen auch die Apotheke und das Kerzenzimmer als Erinnerung an das Leben der Schwestern unverändert erhalten bleiben.

Ein Projekt für Jahre
Um die unterschiedlichsten Fundstücke richtig einordnen zu können, ist jeweils ein Kunsthistoriker anwesend, der bei der Einteilung in die jeweiligen Kategorien hilft. Zudem hatte man auch Unterstützung von der Abteilung Kulturgüterschutz der regionalen Zivilschutzorganisation, die nicht zuletzt logistische Unterstützung bei der ersten notwendigen Entsorgung unbrauchbarer Gegenstände lieferte, wie Fridolin Eisenring erklärt.

Und obgleich bereits viel passiert ist, um wieder Ordnung und eine geschichtliche Nachvollziehbarkeit in das Kloster zu bringen, ist bereits klar: «Bis alles sortiert sein wird, werden wohl noch Jahre ins Land gehen», kommentiert Fridolin Eisenring. Aber er weiss auch: «Teilweise sind die Sachen schon Jahrhunderte hier – es besteht also kein Grund zur Hektik.» Und so wird noch vieles kategorisiert, als geschichtsträchtiges Einzelstück eingelagert, verkauft oder auch entsorgt werden. Auch ein weiteres Projekt würde Fridolin Eisenring gerne anstossen: «Im Kloster sind insgesamt rund 40 Öfen aus den unterschiedlichsten Epochen, die ich gerne von einem Fachmann kategorisieren lassen möchte», blickt er in die Zukunft.