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Zeitreise in die wilden 20er

Der diesjährige Unter-haltungsabend der Musikgesellschaft Wattwil am Samstagabend stand ganz im Zeichen der «Roaring Twenties». Flotte Charleston-Nummern und packende Rhythmen von Ravel bis zum Tango Argentina hin zur Rumba und Black Bottom bestimmten den Abend.

Wattwil. Die musikalische Einstimmung auf den Abend besorgte das Jugendblasensemble mit krachigen Nummern wie Adeles «Rolling In The Deep». Damit wurde, unter der durchaus schwungvollen Leitung von Michel von Niederhäusern, schon einmal ordentlich für Stimmung im Thurpark-Saal gesorgt. Daran konnte die Musikgesellschaft optimal anknüpfen, liess sie doch ebenfalls schon zu Beginn einen bestens bekannten Ohrwurm erklingen: «Happy Days Are Here Again», auch unter dem deutschen Titel «Wochenend und Sonnenschein» bekannt, entführte bereits akustisch in die thematisierte Epoche – die «Roaring Twenties».

Musikalische Revolutionen
Unter der neuen Leitung von Dirigent Hans-Ulrich Bühler hatte sich dieser für seinen ersten Unterhaltungsabend mit der Musikgesellschaft Wattwil die Klänge der 1920er Jahre herausgepickt – die wohl spannendste Epoche des letzten Jahrhunderts, wie er in einem Exposé zum Konzert zusammenfasste. Und in der Tat wurde damals der Grundstein der modernen Welt gelegt. Sei es durch die erste Massenproduktion eines Automobils, der «Tin Lizzy» von Ford, dem ersten Atlantik-Überflug, die Entdeckung des Penizillins, der Bauhaus-Bewegung in der Architektur, dem Stummfilm oder der Revolution der Mode. Nicht zuletzt bewegte sich auch akustisch vieles: Das Radio wurde entwickelt, die Schallplatte trat ihren Siegeszug an und die Aufnahmetechniken wurden verbessert. Und auch eine neue Art von Musik, namentlich die Tanzmusik, wie auch der Jazz traten ihren Siegeszug um den Globus an und beeinflussten auch die Komponisten. Und genau hier konnte die Musikgesellschaft einklinken und einen stimmig ausgewählten, musikalisch Blick in eine andere Epoche präsentieren, der die Welt ausserhalb des Thurparks verschwimmen liess.

Gewürzt mit kleinen schauspielerischen Einlagen wurde eine kurzweilige Brücke zwischen den Titeln geschaffen. Eine mysteriöse Truhe mit sensationellem Inhalt holte beispielsweise die 1920er personifiziert auf die Bühne. Denn darin befand sich eine spektakuläre Erfindung: Ein Fernrohr, mit dem man in die Vergangenheit blicken konnte. Mit diesem wurde eine Partylady aus den Twenties direkt auf die Bühne teleportiert, die ihre Musikwünsche äussern durfte. Was sollte dies auch anderes sein, als schmissiger Charleston. Die Musikgesellschaft erfüllte diesen Wunsch mit einem Medley eingängiger Nummer wie «Swanee» vom später noch einmal musikalisch zitierten Gershwin oder «If You Knew Suzie».  Aber auch die Entwicklung nach dem Charleston wurde musikalisch nachempfunden. «Black Bottom» hiess seiner Zeit die darauf folgende Tanzmode.

Überraschungen mit Pepp
Die Moderation des Abends ging in diesem heiter-kreativen Stil weiter, doch sollte dies nicht die einzige Überraschung bleiben. Zum «Tango Argentina» beispielsweise konnte nicht nur gelauscht, sondern auch ein tangotanzendes Paar bewundert werden.

Ravels «Bolero» in einem verkürzten Arrangement mochte zu seiner Uraufführung 1928 noch ein Skandal gewesen sein – heute gehört es nicht nur zu den meistgespielten Orchesterstücken, es begeisterte auch beim Unterhaltungsabend der Musikgesellschaft Wattwil. Einen kleinen zeitlichen Schlenker, der aber unbestrittenen Bezug zu den 20er Jahren hatte, wurde mit «Limelight» geboten. Das Stück zum gleichnamigen Charles Chaplin Film stammt zwar aus den 50er Jahren, doch gehört Chaplin nach wie vor zu den berühmtesten Zeitgenossen der 20er, in denen er mit seinen Stummfilmen fulminante Erfolge feierte. Zu Recht war es auch sein Konterfei, das als Dekoration direkt neben der Bühne prangte.