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Treffpunkt in der Moschee

Muslime feiern das Weihnachtsfest nicht. Wer aber meint, dass es deshalb kein Thema innerhalb der muslimischen Glaubensgemeinschaft ist, irrt sich. Denn Jesus ist im Islam einer der Propheten Allahs.

Wattwil. Zur Weihnachtszeit läuft das Leben in der christlichen Welt anders, ruhiger und besinnlicher ab. Die Geschäfte bleiben geschlossen, die Strassen sind leer und die Menschen feiern in den Kirchen und in heimischer Runde die Geburt Christi. Doch was machen eigentlich gläubige Muslime während dieser Tage in einem christlichen Land?

Jesus auch im Islam bedeutsam
Wie Cahit Özdemir, Präsident des islamischen Kulturzentrums in Wattwil erklärt, hat man sich beispielsweise im vergangenen Jahr in der Moschee getroffen, wie es an Festtagen und freien Tagen üblich ist. Denn diese dient sowohl als Treffpunkt für Gebete, als auch für den sozialen Austausch und die Pflege der Gemeinschaft. «Das Thema war dann natürlich Jesus», erläutert er. Das verwundert nicht, wenn man weiss, dass Jesus, der im Islam «'Isa» - der Friede sei mit ihm - genannt wird, einer der von Allah gesandten Propheten ist.

Genau wie die Christen glauben auch die Muslime daran, dass Jesus nicht gestorben, sondern in den Himmel zurückgekehrt ist und von dort aus wieder auf die Erde zurückkehren wird. Eine wichtige Rolle spielt im Koran auch Mariam (Maria), der ein ganzes Kapitel gewidmet ist. «Also auch wenn Mohammed der letzte Prophet Allahs und damit wichtiger ist, bedeutet dies nicht, dass wir nicht an Jesus glauben», erklärt Cahit Özdemir. Wie jeder der Propheten wurde Jesus aus einem bestimmten Grund als Gesandter Allahs geschickt und hat wichtige Lehren hinterlassen. «Wir glauben allerdings, dass Jesus vier Jahre früher geboren wurde, weil er mit 33 Jahren zurück in den Himmel gekommen ist», erklärt dazu auch Imam Hamza Ates.

Austausch schafft Verständnis
Er berichtet, dass es auch immer wieder viele Fragen der Gläubigen zu Jesus gibt. «Genauso, wie man wissen will, warum Jesus auf die Erde geschickt wurde, interessiert auch, wo er jetzt ist und wann er wieder zurückkehren wird», berichtet Hamza Ates. Auf diese letzte Frage weiss zwar auch der Imam keine Antwort, doch unterstreicht er das Interesse der Menschen, wie auch die Verbindung zwischen den Religionen. Insbesondere der interreligiöse Dialog ist es auch, der Cahit Özdemir am Herzen liegt und für den er sich das ganze Jahr hindurch in seinem Amt im islamischen Kulturzentrum Wattwil einsetzt.

Der Austausch ist gleichwohl interessant, da man auch anderweitig Parallelen feststellen kann. So sind diese auch darin zu entdecken, dass sich die Ausrichtung der grossen Feste der verschiedenen Religionen am Zeitgeist orientieren. Was für die Christen das Weihnachtsfest, ist für die Muslime das Fest des Fastenbrechens am Ende des Ramadans, was nach dem Opferfest der höchste islamische Feiertag ist. Auch hier werden Geschenke gemacht, gemeinsam gegessen und gefeiert. Und auch hier ist zu beobachten, dass die Geschenke immer üppiger werden, nicht immer aber auch die Freude daran.

Freie Tage werden genutzt
Wie bei den christlichen Mitbürgern werden die Feiertage auch bei den Muslimen gerne für eine Reise genutzt. Während manche Ferien machen, nutzen aber auch viele die Gelegenheit, um einen Besuch in der Geburtsstadt des Propheten Mohammed, Mekka, oder Medina, der zweitwichtigsten heiligen Stadt des Islams, zu machen. Dabei handelt es sich allerdings nicht um den «Haddsch», die Pilgerreise, die jeder Moslem einmal im Leben machen muss, sofern es ihm gesundheitlich und finanziell möglich ist, wie Hamza Ates erklärt. «Eine solche Reise nennt man «Umra». Sie muss nicht zu einer festgelegten Zeit erfolgen, ist aber auch eine spirituelle Reise auf den Spuren des Propheten Mohammed.» Hamza Ates selbst wird die freien Tage zu Weihnachten in diesem Jahr  für einen Besuch in Mekka nutzen.