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«Palliative-Care ist voller Leben»

Die Alters- und Pflegeheime Ebnat-Kappel rücken die ganzheitliche Behandlung von sterbenden Patienten in den Fokus. Dazu erarbeitet man derzeit ein Palliative-Konzept.

Ebnat-Kappel. Palliative-Care, darunter versteht man die umfassende Behandlung von Menschen mit unheilbaren, lebensbedrohlichen oder chronisch fortgeschrittenen Krankheiten. Ziel ist, diesen Menschen eine möglichst hohe Lebensqualität bis zum Tod zu ermöglichen. So sollen Leiden optimal gelindert und im Sinne einer ganzheitlichen Fürsorge gemäss dem Wunsch des Patienten auch die sozialen, seelischen und spirituellen Aspekte berücksichtigt werden. Palliative Care ist also ein Thema, was gerade auch in Alters- und Pflegeheimen einen hohen Stellenwert einnimmt. So auch in Ebnat-Kappel. Hier befasst man sich bereits seit geraumer Zeit intensiv damit und arbeitet daran, ein entsprechendes Konzept als Leitfaden und Nachschlagewerk zu erarbeiten.

Sensibilisierung
Einen Anstoss dazu lieferte ein interdisziplinärer Ganzjahreskurs, den Monika Rutz, Leiterin Betreuung und Pflege, im Jahr 2009 gemeinsam mit einer Mitarbeiterin in Zürich besuchte. «Dieser Kurs war ein Impuls für uns, Palliative Care in unserem Haus zum Thema zu machen», erinnert sie sich. Schnell stellte sich dabei heraus, dass die besondere Versorgung Sterbender ein Anliegen vieler Mitarbeitender ist und Gesprächsbedarf besteht. «Es ist nicht so, dass wir diesbezüglich vorher nichts gemacht haben, aber der Sterbeprozess wurde dadurch nochmals intensiver zum Thema und es hat eine Sensibilisierung stattgefunden», erklärt Monika Rutz.

Einen weiteren Impuls lieferte eine Wanderausstellung des Vereins Palliative Care, die 2011 im Foyer des APH Wier gastierte. In diesem Zusammenhang wurde auch das Bedürfnis der Bewohner deutlich, dass man über diesen letzten Lebensteil sprechen wolle. Im Rahmen der Ausstellung wurde gemeinsam mit dem Spital Wattwil auch ein Informationsabend zum Thema Patientenverfügungen  veranstaltet. «Das war für einige, als sei dadurch eine Tür aufgegangen», lässt Monika Rutz wissen. Im Alters- und Pflegeheim Ebnat-Kappel reagierte man auf diese Signale und begann damit, 2011 den ersten Teil eines umfassenden Palliative-Konzeptes auszuarbeiten. Dieser erste Teil bezieht sich auf die Feststellung und Behandlung von Schmerzen. In Zusammenarbeit mit den Hausärzten wurde das gesamte Pflegepersonal darauf geschult, wie der individuelle Schmerz erfasst werden und wie dieser optimal behandelt werden kann. «Durch dieses Konzept befasst man sich auch viel intensiver mit dem einzelnen Menschen», streicht Monika Rutz die Vorteile heraus.

Eine gemeinsame Haltung
«Wir bieten 115 Bewohnerinnen und Bewohner ei n zu Hause und haben entsprechend viele Mitarbeitende. Deshalb ist es wichtig, über solche Themen im Gespräch zu sein und eine gemeinsame Haltung und einen gemeinsamen Weg in solchen Fragen zu finden», erläutert Monika Rutz die Bedeutung des Konzeptes. So hat man sich im vergangenen Jahr auch gemeinsam in einer moderierten Diskussionsrunde darauf verständigt, dass es im APH Ebnat-Kappel keine aktive Sterbehilfe im Sinne des begleiteten Suizids gibt. «Auch wenn man diesen Wunsch respektieren muss, wollen wir uns stattdessen darauf konzentrieren, den Bewohnern das Leben bis zum Schluss lebenswert und schmerzarm zu gestalten», erklärt Monika Rutz diese Grundsatzentscheidung. Und obgleich es Bewohner gibt, die einem entsprechenden Verein angeschlossen sind, hat davon bislang auch noch niemand Gebrauch gemacht.

In diesem Jahr hat das gesamte Personal des APH Ebnat-Kappel eine Grund-Schulung zum Thema «Leben bis zuletzt und in Frieden sterben», erhalten. «Dabei konnte auch jeder für sich klären, was Sterben für ihn bedeutet und welche Haltung er dazu hat», erklärt Monika Rutz. Denn bei Palliative-Care geht es nicht zuletzt darum, vorbereitet zu sein und sich frühzeitig mit Fragen und Situationen auseinander zu setzen. Ganz in diesem Sinne arbeitet Monika Rutz auch an der Vernetzung des APH mit anderen Stellen, die sich mit Palliative Care befassen. Als Vorstandsmitglied im Verein Hospizgruppe Toggenburg-Neckertal und als Mitglied im Forum Palliative-Care Toggenburg engagiert sie sich nicht zuletzt auch für die Öffentlichkeitsarbeit und Wissensvermittlung zum Thema, betrifft es doch als Angehörigen oder Betroffenen auch jeden Menschen irgendwann.

Würdiges Gedenken
Ganz in diesem Sinne führt das APH Ebnat-Kappel auch jedes Jahr einen öffentlichen Anlass zum Thema durch. Zudem wird auch der Einbezug der Angehörigen gross geschrieben und beispielsweise auf Wunsch ermöglicht, dass diese zur Begleitung ihrer Angehörigen im APH übernachten können.  Auf viel Zuspruch stösst auch die seit vier Jahren durchgeführte Gedenkfeier, die jeweils im November stattfindet. Hier wird noch einmal jeder verstorbene Bewohner mit persönlichen Worten, einem projizierten Bild und dem Entzünden einer Kerze verabschiedet. «Dies ist immer ein Anlass mit einer besonderen Stimmung, der das Sterben als Teil des Lebens mit Würde bedenkt und zeigt, dass man nicht einfach weg ist und alles wie gehabt weitergeht», so Monika Rutz. Sie selbst hat schon viele Menschen in ihren letzten Stunden begleitet und kann deshalb aus Erfahrung sagen: «Palliative-Care ist voller Leben.» So wird man sich als nächstes auch den Themenbereichen des Symptom-Managements wie beispielsweise der Übelkeit, der Atemnot, der Angst oder der chronischen Müdigkeit, der Fatigue, annehmen.