Hemberg. Die Primarschule Hemberg ist ohne Bernadette Danuser kaum vorstellbar. Ursprünglich durch einen Zufall in den Ort gekommen, sollte sie hier in 38 Jahren unzähligen Kindern, sowie später deren Kindern, das Lesen beibringen. Eine Aufgabe, die sie bis heute als inspirierend und erfüllend erlebt und welche sie mit unzähligen schönen Momenten im Unterricht, bei Schulausflügen und Projekttagen, sowie an von Vertrauen geprägte Gespräche mit den Eltern verbindet.
Auf eigenen Beinen stehen
Dass sie einmal Lehrerin werden wollte, war ein lang gehegter Wunsch, der sich bereits in ihrer eigenen Schulzeit abzeichnete. So war sie selbst nicht nur eine gute Schülerin, sondern ging selber immer gern zur Schule. Als eines von neun Kindern in Henau aufgewachsen, war es ihr allerdings nicht vergönnt, den direkten Weg in die pädagogische Ausbildung anzutreten. «Ich wollte schnellstmöglich auf eigenen Beinen stehen, weshalb ich mit 16 von zuhause fortging und zunächst eine Ausbildung bei der Post machte», erzählt sie. Hier sollte sie übrigens zu den ersten Frauen gehören, die im Zuge der Gleichstellungsbemühungen der Post eine Ausbildung zur Betriebssekretärin machen konnte.
Ihren Wunschberuf aber verlor sie nicht aus den Augen. «Es war gerade die Zeit des Lehrermangels und es gab die Möglichkeit, in Rorschach eine verkürzte Ausbildung als Umschulungskurs für Berufsleute teilzunehmen», erklärt Bernadette Danuser, wie sie im Alter von 22 Jahren ihre Chance beim Schopf packte. Als gutes Beispiel diente ihr dabei eine ihrer eigenen Lehrerinnen, die den Beruf auf dem zweiten Bildungsweg erlernt hatte. «Auch mein Vater, der im Schulrat war, hat immer gesagt, dass es gut ist, wenn ein Lehrer auch etwas anderes gemacht und erlebt hat», erinnert sie sich. «Diese verkürzte Ausbildung waren die härtesten zwei Jahren meines Lebens, in denen ich auch die Erfahrung machte, wie es ist, in einigen Fächern keine besonders gute Schülerin zu sein», blickt sie zurück. Doch Bernadette Danuser bewies Zielstrebigkeit und konnte schliesslich in ihre Laufbahn als Lehrerin starten.
Den Wandel der Schule erlebt
Diese führte sie zunächst ins Bächli, wo sie als Vertretung eine 4. – 6. Klasse unterrichtete. Danach wurde eine Stelle in Hemberg frei, die sie für ursprünglich eineinhalb Jahre antrat. «Ja und nun bin ich 38 Jahre hier», kann Bernadette Danuser mit einem zufriedenen Lächeln erzählen. Denn gefallen habe es ihr in Hemberg von Anfang an. «Ich habe mich gleich zuhause gefühlt.»
Hier erlebte und beobachtete Bernadette Danuser, wie sich die Schulinhalte, die Ansprüche der Eltern und die Schüler selbst über die Jahre veränderten. «Schule war früher einfacher, die Lehrpersonen waren viel freier», kann sie resümieren. «Zum Beispiel hat sich die Fülle des Unterrichtsstoffes deutlich vergrössert. Es bleibt wenig Zeit, um Inhalte zu vertiefen und zu üben. Viele Eltern möchten mehr einbezogen werden, ein Mitspracherecht haben. Zudem wird heute vieles «von ganz oben» diktiert. Auch die Kinder haben sich verändert und sind heute durch ihre vielen Freizeitaktivitäten deutlich lebhafter und schneller abgelenkt. Durch alle diese Faktoren ist das Unterrichten immer anspruchsvoller geworden und man lernt jedes Jahr selbst etwas Neues hinzu.»
Im Rückblick auf ihrer Lehrerinnenlaufbahn zeigt sie ebenso eine grosse Bereitschaft zur Selbstreflektion. «Anfangs fühlte ich mich nicht besonders gut ausgebildet. Wenn ich zurückblicke, finde ich mich als junge Lehrerin nicht wirklich gut. Es war aber auch eine andere Zeit. Ich habe mich entwickelt und mit den Erfahrungen und den Jahren wird man toleranter und verständnisvoller», blickt sie kritisch auf ihr jüngeres Selbst. Ihre Hoffnung aber, dass sie ihren Schülerinnen und Schülern eine ebensolche Freude an der Schule vermitteln konnte, wie sie sie selbst als Kind empfand, wird ihr wahrscheinlich halb Hemberg gerne bestätigen. Und dies nicht zuletzt, weil Bernadette Danuser ganz offensichtlich mit eigener Begeisterung ins Klassenzimmer kommt.
Die Lust am Lesen wecken
Insbesondere, den Kindern das Lesen beizubringen und mitzuerleben, wie es dann plötzlich klappt, macht ihr nach wie vor Freude und fasziniert sie. Diese Erfolge konnte sie dann jeweils auch in der Gemeindebibliothek hautnah miterleben, welche sie mit aufbaute und bis zum Anfang dieses Jahres gemeinsam mit einer Kollegin leitete. Dieser, wie sie sagt: «Schönsten Bibliothek der Alpennordseite», die im nächsten Jahr ihr 20-Jahre-Jubiläum feiert, wird Bernadette Danuser auch nach ihrer Pensionierung als Mitarbeiterin die Treue halten.
«Auch in der Schule höre ich nicht auf, weil ich nicht mehr kann oder will, sondern weil es aufgrund der neuen Unterrichtsstrukturen nicht sinnvoll ist, wenn ich noch ein Jahr länger bleibe und dann ein Lehrertandem auseinandergerissen wird», erklärt die 62-Jährige. Dennoch freut sie sich auf den neuen Lebensabschnitt. «Konkrete Pläne habe ich nicht. Ich nehme es wie es kommt, denn ich musste mich viele Jahre nach einem Stundenplan richten. Aber es wird schon wieder irgendetwas auf mich zukommen.»