Rapperswil-Jona. – Er ist einer der grossen Namen der zeitgenössischen Krimiautoren, erlangte mit den in 15 Sprachen übersetzten Geschichten um seinen schrulligen „Kommissar Kostas Charitos“ Weltruhm, wirkte als Drehbuchautor der Fernsehkrimi-Serie „Anatomie eines Verbrechens“, schrieb mehrere Theaterstücke und machte sich nicht zuletzt durch seine Übersetzungen von Goethes Faust ins Griechische einen Namen.
Seit vergangenem Jahr ist Petros Markaris Träger der Goethe-Medaille und kann auf zahlreiche weitere namhafte Auszeichnungen der Literaturwelt blicken. Allem voran aber ist er ein wunderbarer Erzähler, was sich nicht nur in seinen Büchern zeigt, sondern auch eindrücklich am vergangenen Samstag in Rapperswil-Jona zu erleben war. Hier besuchte er für einen von insgesamt nur zwei Vortragsabenden in der Schweiz das Kulturparkett von Yasar und Adriana Deger, die sich selbst damit einen Herzenswunsch erfüllen und diesen mit einer stattlichen Anzahl an Publikum teilen konnten. Dieses erlebte einen spannenden Abend voller ganz persönlicher, authentischer und sozialpolitisch kritischer Gedanken, an denen der Autor teilhaben liess.
Städte als Protagonisten
Markaris knüpfte dabei an die ihm gleichsam geliebten und mit wachen Augen beobachteten Städte an, die seine Lebensgeschichte massgeblich mitprägten: Istanbul, Athen und Wien. Denn 1937 als Sohn eines armenischen Kaufmannes und einer griechischen Mutter in Istanbul geboren, besuchte er das deutschsprachige St. Georgs-Kolleg in Istanbul und studierte später mehrere Jahre in Wien. Zwar betrieb er dieses Studium der Wirtschaftswissenschaften nicht mit dem vom Vater gewünschten Elan, sollte er doch dessen Nachfolge in seiner Importfirma antreten, doch erschloss er sich hier noch weiter die Sprache, die Kultur und den Oxident, wie er erzählte.
Überhaupt sollte es die Vielfalt der Sprachen und Ethnien sein, die ihn schon als Kind im multinationalen Istanbul seiner Kindheit faszinierten und prägten. Zwar waren diese ersten Jahre seines Lebens vor allem durch Einsamkeit geprägt, wie er erzählte. Ein in sich gekehrter, zurückgezogener Mensch ist Markaris aber nicht. Ganz im Gegenteil – schnell wird klar, dass er die Städte und deren Menschen liebt, sie in seinem von Veränderungen geprägten Leben bis heute beobachtet, in sich aufsaugt und in seinen Romanen widerspiegelt. Denn für ihn ist eine Stadt mehr als eine Örtlichkeit, in der ein Roman spielt – sie ist ein Protagonist, der den unerlässlichen sozialkulturellen Hintergrund für die Handlung liefert. Und in diesem bewegen sich dann seine Romanfiguren, welche von realen Persönlichkeiten inspiriert sind, wie er wissen liess.
Spannend und inspirierend
In diesem Sinne waren auch nicht nur seine Erzählungen im Rahmen des Vortrages besser als es jeder Reiseführer sein könnte. Sie wirkten nahezu inspirierend, die von ihm beschriebenen kleinen Schönheiten und Geheimnisse der Städte selbst entdecken zu wollen.
Gewürzt mit humorvollen und charmanten Anekdoten, aber auch mit einem kritischen Blick auf das Leben, die Veränderungen und die Entwicklungen liess er die Zuhörerschaft an seinen Beurteilungen teilhaben. So war nicht nur der langanhaltende Applaus zum Ende seines Vortrages mehr als gerechtfertigt, auch war es nachvollziehbar, dass das Publikum umgehend herbei strömte, um selbst mit diesem interessanten Menschen und Autor zu reden. Eines jedenfalls ist sicher: Der Vortrag und die Person Markaris machten Lust auf seine Bücher. Auf die nächste Neuerscheinung aus seiner Feder aber wird man noch bis in den nächsten April warten müssen. Dann wird sein neuer Roman „Zurück auf Start“ erscheinen, wie Ruth Geiger vom Zürcher Diogenes-Verlag in Aussicht stellen konnte.