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Inspirierender Start der «Wahnsinnsnächte 2015»

Am Dienstag startete das Kulturfestival  «Wahnsinnsnächte 2015» in St. Gallen mit der szenischen Lesung «C.G. Jung Spielrein Freud». Im Pfalzkeller bot die Beziehung der russischen Psychoanalytikerin Sabina Spielrein und C.G. Jung sowohl Unterhaltung, als auch viele Denkanstösse.

St. Gallen. Die junge Russin Sabina Spielrein wird 1904 in die psychiatrische Universitätsklinik Burghölzli in Zürich eingewiesen. Dort begegnet sie dem damals 30-jährigen Secundararzt Dr. C.G. Jung. Er diagnostiziert eine «Psychotische Hysterie». Sabina wird sein psychoanalytischer Schulfall. Doch auch die intelligente Sabina ist begeistert von der Wissenschaft, will in der Schweiz studieren und sucht den geistigen Austausch mit Jung. Was als eine Arzt-Patientin-Beziehung entsteht, wird zur Freundschaft und einer unerfüllten Liebe mit all ihren Komplikationen. In diesem Zwiespalt vermittelt Siegmund Freud, den Jung betreffend des «Falls Spielrein» kontaktiert und der später auch mit dieser selbst über ihre Beziehung zu Jung sowie über psychoanalytische Themen in Austausch steht.

Verwischende Grenzen
1977 fand man bei Renovierungsarbeiten im heutigen Sitz der Uno in Genf einen Koffer. Sein Inhalt: Dokumente, Tagebücher und Briefe. Den Koffer hatte Sabina Spielrein dort zurückgelassen und darin unter anderem ihre Briefwechsel mit C.G. Jung und Sigmund Freud aufbewahrt. Diese dienten als Grundlage für die Inszenierung von Katrin Kröncke und Hagnot Elischka. Sie erzählten in der szenischen Lesung die den Dokumenten entnommene Geschichte der jungen Russin und ihrer Beziehung zu Jung. In einnehmender Weise wurden das Geschehen, die Emotionen und die damit verbundenen Wirrungen in den Vordergrund gerückt, sodass dem Publikum das Verwischen der Grenzen zwischen Behandelndem und Patientin, Moral und Berufsethik, Freundschaft und Mentorenschaft, Liebe und Leid, Bewunderung und Neid, Hoffnungen und Zurückweisungen, Wünschen und Einsamkeit nahegebracht wurde.

Mit Kultur zur Erkenntnis
Das zum elften Mal veranstaltete Kulturfestival, das ursprünglich nur in Liechtenstein stattfand, hält seit einigen Jahren in enger Zusammenarbeit mit dem «Ostschweizer Forum für Psychische Gesundheit» auch spannende Veranstaltungen in den Kantonen St. Gallen und den beiden Appenzell bereit. Mit den insgesamt 20 Anlässen in den kommenden drei Wochen wird das facettenreiche Thema der psychischen Erkrankung in vielfältiger Weise beleuchtet. Ebenso werden Denkanstösse gegeben und informiert. Denn eine psychische Krise ist kein persönliches Versagen oder eine Schwäche, sondern kann jeden und jede treffen, erklärt Jürg Engler von der Fachstelle Psychische Gesundheit des Kantons St. Gallen und Vertreter des Kantons im «Ostschweizer Forums für Psychische Gesundheit». Das Ziel der «Wahnsinnsnächte» ist, der Stigmatisierung psychischer Erkrankungen durch Erkenntnisse und auf lustvolle Weise etwas entgegen zu setzen.

«Ein Kuss»
Die «Wahnsinnsnächte 2015» gehen in St. Gallen am kommenden Montag, 26. Oktober, ebenfalls im Pfalzkeller-Forum in die zweite Runde. Dann steht das Schauspiel «Ein Kuss» auf dem Programm. Schauspieler Marco Michel bringt hier das Schicksal des Künstlers Antonio Ligabue auf die Bühne, der schon in jungen Jahren in der psychiatrischen Anstalt St. Pirminsberg eingewiesen wurde. Zuvor war er für zwei Jahre in Marbach im Heim Oberfeld.

2015 wiederholt sich der Todestag des bedeutenden «Art Brut»- Künstlers Antonio Ligabue zum 50. Mal. In St. Gallen wird der Autor und Regisseur Mario Perrotta persönlich anwesend sein. Für dieses Stück erhielt er in Italien den Ubu-Preis 2013 als bester Darsteller, sowie den Premio Hystrio-Twister. Eingestimmt auf das Stück wird das Publikum von einem Beitrag über das Leben des Antonio Ligabue in der Ostschweiz von Dr. Renato Martinoni, ordentlicher Professor für italienische Sprache und Literatur an der Universität St. Gallen und Präsident der Schweizerischen Dante-Alighieri-Gesellschaft - Comitato di San Gallo : «Leben und Sinneswahrnehmungen eines «irren» Künstlers», vorgetragen von Domenica Catino M.A., wissenschaftliche Mitarbeiterin HSG.

 

26. Oktober, 20.00 Uhr, Pfalzkeller-Forum: Schauspiel «Ein Kuss»
Keine Reservation erforderlich!
Weitere Informationen und alle Veranstaltungen: www.forum-psychische-gesundheit.ch