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„Früher war vieles aufwendiger, aber haltbarer“

Rosa Walser-Jenny aus Ennenda wird in diesem Jahr ihren 90. Geburtstag feiern. Sie erlebte die Entwicklung ihres Heimatortes hautnah mit und weiss manche Anekdote über die Veränderungen des Lebens durch moderne Erfindungen zu berichten.

Ennenda. – Die fast 90-Jährige hat ihr ganzes Leben in Ennenda verbracht. Nachdem sie mit ihrem vor elf Jahren verstorbenen Mann 1955 ein eigenen Haus auf der Linthbrücke gebaut und bezogen hatte, kehrte sie 1981 wieder in ihr Geburtshaus in der Schmelen zurück. Hier lebt Rosa Walser-Jenny heute allein. Doch abgesehen von einer Putzhilfe kommt die rüstige Rentnerin nach wie vor gut allein zurecht.

Die Tochter eines Landwirtes erinnert sich noch gut daran, wie belebt Ennenda einst war. Unzählige Geschäfte sind heute aus dem Ortsbild verschwunden. So verfügte der Ort einst über mehrere Hutmachergeschäfte, Schuhmacher und Kolonialwarenläden. Von den drei Arztpraxen ist nur noch eine geblieben. Ebenso gibt es nur noch eine statt drei Metzgereien und Ennenda hat sich mehr und mehr zu einem Wohnquartier mit einigen Werkstätten und etwas Industrie entwickelt.

Spezielle Bedürfnisse erkennen
Eine Entwicklung, die allerorts um sich griff und ein gewisses Bedauern hervorruft. Aber auch sonst hat sich – auch in jüngster Vergangenheit – nicht alles zum Positiven verändert. So sieht Walser beispielsweise die Glarner Gemeindestrukturreform mit kritischem Blick: „Ich bin der Meinung, dass die grösseren Gemeinden ihre Eigenständigkeit hätten bewahren sollen. Nun wird vieles im Zuge der Gleichmacherei über einen Kamm geschert, ohne auf die speziellen Bedürfnisse der einzelnen Orte zu achten“, bemängelt sie. „Ein Beispiel dafür sind die Strassenlaternen. Nachdem diese umgerüstet wurden und das Licht nicht mehr streuen, sondern gerade nach unten richten, ist es in vielen Gassen in Ennenda so, dass man am Abend nur noch mit einer Taschenlampe die Treppe zum Eingang findet“, erklärt sie. „Für gerade Strassen wie in Glarus mag das sehr gut funktionieren. Hier ist es aber einfach nicht praktisch und damit ein echter Unsinn.“

Hausarbeit im Wandel der Zeit
Doch haben die Entwicklungen im Zeitverlauf auch viel Positives mit sich gebracht, wie sie bemerkt. So erinnert sich Walser beispielsweise gut an die Zeiten, als die Frauen noch zeitaufwendig und mühsam die Wäsche waschen mussten. „Meine Grossmutter hat auch für Mailänder Textilfirmen gewaschen und geglättet“, berichtet sie. Und auch sie selbst hat noch die Bettwäsche aufwendig mit Waschbrett und in Lauge gereinigt, sowie nach dem alten Rezept ihrer Grossmutter die Remy Stärke und Wachs, sowie einem Setzbügeleisen geglättet. „Das war zwar viel aufwendiger als heute, hat aber auch länger gehalten“, weiss sie.

Und dennoch gehörte Walser zu den Ersten in Ennenda, die über eine moderne Waschmaschine verfügten. Mit ihrer Heirat, den ersten Kindern, deren Windeln noch aus Stoff waren, und dem Hausbau galt es, Zeit zu sparen. „Bevor wir eine Waschmaschine gekauft haben, bin ich mit einem Sack Schmutzwäsche nach Zürich gefahren, um mir dort die Maschine erklären zu lassen und meine offenen Fragen zu klären“, erzählt sie. „Zurückgekommen bin ich dann mit sauberer Wäsche. Aber gekauft haben wir die Maschine dann doch nicht.“ Ein anderes Fabrikat sollte schliesslich das Rennen machen und nicht weniger als 18 Jahre gute Dienste leisten. „Sowas findet man heute ja nicht mehr“, stellt Walser fest. „Heute ist alles schneller, hektischer und kurzlebiger geworden.“

Viele lustige Anekdoten weiss Walser auch über die Zeit zu berichten, in der sie ihrem Mann im Büro seines Transportunternehmens zur Seite stand. Hier koordinierte sie die Carreisen, Möbel- und Orgeltransporte.

„Mehr zusammenstehen“
Als Mutter von drei Töchtern kann sie sich auch über fünf Enkelkinder und bereits einen Urenkel freuen, der schon die fünfte Klasse besucht. Doch ist Walser eine durchaus moderne Urgrossmutter mit Natel für den Notfall. Sie hält sich fit, indem sie jeden Montag zum Turnen geht und kann sich nach wie vor auf ihren Kopf verlassen. „Telefonnummern merke ich mir bis heute sehr gut“, berichtet sie. Und auch zu Geschichtlichem, wie beispielsweise zur Historie des örtlichen Samaritervereins, dem sie nicht nur als aktives Mitglied, Revisorin und elf Jahre lang als Präsidentin angehörte, weiss die Seniorin viel zu erzählen. Entsprechend fällt auch ihr guter Rat für die Jugend aus: „Sie sollten mehr zusammenstehen und sich nicht nur auf das Konsumieren konzentrieren. Und auch von Drogen sollten sie die Finger lassen, das macht den Kopf und den Körper kaputt.“