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„Eine starke Währung ist wie ein Höhentraining“

Am Mittwoch lud die St. Galler Kantonalbank (SGKB) in Rapperswil-Jona zum Dialog über die Konsequenzen der Aufhebung der Untergrenze im Eurowechselkurs und attestierte eine ernste, aber nicht hoffnungslose Lage für Wirtschaft, Anleger und Allgemeinheit.

Rapperswil-Jona. – Am 15. Januar dieses Jahres sorgte die Schweizerische Nationalbank (SNB) mit einer Entscheidung für eine Zäsur: Von vielen unerwartet wurde die Euro-Untergrenze aufgehoben und der freie Wechselkurs wieder eingeführt. Ein einschneidendes Ereignis für die Volkswirtschaft, das Unternehmen vor schwierige Fragen stellt. Aber auch Bankkunden sind zunehmend verunsichert und die Fragen um die Konsequenzen, beziehungsweise die nun richtige Anlagestrategie beschäftigt.

Die SGKB reagierte und lud am Mittwoch in ihrer Filiale in Rapperswil-Jona zum Dialog. Unter dem Titel „Schwächt der starke Franken unseren Wohlstand“ erläuterten Roland Ledergerber, Präsident der Geschäftsleitung und Dr. Thomas Stucki, Chief Investment Officer, die Entscheidung der SNB und deren Folgen.

„Ökonomisch verdrehten Welt“
Dabei erläuterte zunächst Stucki, der lange Jahre selbst für die SNB tätig war, die Entscheidung für den freien Wechselkurs. Die zum Höhepunkt der Eurokrise eingeführte Untergrenze wollte man aus verschiedenen Gründen nicht mehr aufrechterhalten. Die Devisenreserven der SNB waren durch stetige Stützkäufe enorm angewachsen und die Bilanz dementsprechend aufgebläht, erläuterte Stucki. „Doch sind Devisenreserven grundsätzlich dafür da, um in Krisenzeiten die Importe aus einem Land zu sichern.“ Als Konsequenz aus der Entscheidung prognostizierte er, dass der Kurs in der nächsten Zeit bei 1.05 Franken seine vorläufige Obergrenze haben werde.

Zudem beschritt die SNB bereits zuvor angesichts des anhaltenden Aufwertungsdrucks mit der Einführung der Negativzinsen unkonventionelle Wege und reagierte damit auf das weltpolitische Umfeld. Der Franken sollte als Anlage unattraktiv gemacht werden. Für Stucki ist dieser Entscheid noch schwerwiegender, als die Aufhebung der Euro-Untergrenze. „Wir leben derzeit in einer ökonomisch verdrehten Welt“, kommentierte er. Darunter werden Wirtschaft und Gesellschaft zu leiden haben. „Wir alle werden gefordert sein, uns anzupassen“, resümierte Stucki, blickte aber nicht vollends negativ in die Zukunft, sondern setzte auf die Fähigkeit zur Anpassung.

Diese teilte auch Ledergerber, der den Blick speziell auf die Ostschweizer Unternehmen richtete. Diese sind nach einem positiv gestimmten Start in das neue Jahr hart von den Entscheidungen getroffen. „Denn nicht nur der Export und der Tourismus sind betroffen“, mahnte er an, dass sich die Schwierigkeiten in der gesamten Volkswirtschaft fortpflanzen werden. In der Ostschweiz mache zudem die Grenznähe Importe aus dem europäischen Ausland leicht, aber auch die strukturellen Bedingungen würden den Unternehmen viel abverlangen.

Kein Immobilien-Kollaps
Trotz der Befürchtung von Konsequenzen, wie dem Abbau von Arbeitsplätzen, zeigte man sich überzeugt, dass die Ostschweizer Wirtschaft die Situation meistern werde. Dazu müsse man aber in Investitionen investieren, so Ledergerber. „Dann sind die Preise nicht mehr so entscheidend, sondern das Produkt.“ Auch auf dem Immobilienmarkt glaubt er nicht an einen Kollaps. Hingegen wird man sich unterstützt durch die anhaltende demographische Entwicklung noch intensiv mit den Entwicklungen in der Pensionskasse auseinandersetzen müssen. Dementsprechend riet er dazu, die eigene Anlagestrategie durchaus zu überdenken, „aber dabei eine ruhige Hand zu behalten.“

Für die SGKB selbst bedeute die aktuelle Situation, sich ebenfalls anzupassen, um ein verlässlicher Partner zu bleiben. Zudem wolle man seine volkswirtschaftliche Verantwortung wahrnehmen, die Negativzinsen auf Kundengelder vermeiden und berechenbar bleiben. So musste Ledergerber bereits jetzt in Aussicht stellen, dass der Gewinn 2015 sicher tiefer ausfallen werde. Dementsprechend formulierte er auch sein Fazit: „Eine starke Währung ist wie ein Höhentraining im Sport. Man muss etwas mehr leisten, damit man auch in der Zukunft erfolgreich ist.“