Wattwil. Seit Mitte der 1990er Jahre die Maturaarbeiten eingeführt wurden, erarbeiten jedes Jahr zwischen 100 und 160 Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums und der der Fachmittelschule der Kantonsschule Wattwil eine längere, wissenschaftliche Arbeit. Bei dieser befassen sie sich intensiv mit einem selbstgewählten Thema.
Seit vier Jahren werden diese Arbeiten und die dazugehörige Präsentation benotet und fliessen mit einer Gewichtung von einem Dreizehntel in die Abschlussnote ein. Für die Schülerinnen und Schüler ist die Arbeit vor allem eine gute Vorbereitung auf das Universitäre Arbeiten, erklärt Prof. Johannes Horschik, Prorektor Oberstufe Gymnasium. Denn gemäss der schuleigenen Absolventenbefragung gehen die meisten Gymnasial-Abgänger aus Wattwil danach an die Universität und ETH, wie Rektor Prof. Martin Gauer zu berichten weiss. «Der Anteil derer, die auf eine Fachhochschule gehen nimmt aber zu. Auch hat die Ausbildung an einer Pädagogischen Hochschule im Verlauf der Zeit einen höheren Stellenwert eingenommen. Nur ganz wenige Absolventen wählen nach der Matura eine Berufsausbildung.»
Vorbereitung auf die Universität
Dementsprechend konnte am Freitag schon einmal geübt werden, wie es ist, vor teilweise fremden und vielen Menschen einen Vortrag zu halten und seine eigene Arbeit zu präsentieren. Denn wie Johannes Horschik erklärt, sind unter den Zuhörern nicht nur die Lehrer, Prüfungsexperten und Verwandten, sondern auch Vertreter der Gemeinde, sowie Schülerinnen und Schüler der zweiten und dritten Klasse, die sich so auf ihre eigene Präsentation vorbereiten können. Bei Arbeiten, die in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen oder einer Institution entstanden sind, kommen auch Vertreter des jeweiligen Forschungspartners zu den Präsentationen. Generell ist zudem jeder willkommen, der sich für die Arbeiten der angehenden Maturanden interessiert. «Das ist nicht nur eine gute Übung für die Schüler, sondern auch für uns als Schule wichtig, damit wir in der Öffentlichkeit zeigen können, was hier gemacht wird», weiss Johannes Horschik um einen weiteren Vorteil.
In der Auswahl der Themen und des Betreuers sind die Schülerinnen und Schüler völlig frei. Im Gegenteil gehört dieser Schritt, inklusive der Bereithaltung von Alternativen, bereits zum selbständigen Erarbeiten dazu. Ist dieser getan, wird eine Projektvereinbarung getroffen, in der die inhaltliche Fragestellung, das Ziel und die Methodik vereinbart werden. Von Januar bis Oktober haben die Schüler dann Zeit, ihre Arbeiten abzuschliessen. «Dafür werden sie im 4. Schuljahr für zwei Lektionen entlastet. Das sind also 80 Stunden. Der eigentliche Aufwand ist aber wahrscheinlich bei vielen höher», schätzt Johannes Horschik ab. «Schliesslich ist es eine Arbeit, die sich mit verschiedensten Komponenten über das Jahr hinzieht.»
Dauerbrenner und Trends
Waren bei der Einführung der Maturaarbeiten auch nicht alle Lehrer davon überzeugt, haben sich diese über die Jahre aber als Zugewinn erwiesen, kann Johannes Horschik weiter feststellen. Zudem berichtet er, dass sich auch die Qualität der Arbeiten, insbesondere mit Blick auf die Präsentationen, seit deren Einführung stetig verbessert hat. «Die Meisten sind sehr gut vorbereitet. Das mag daran liegen, dass Vorträge auch im Schulalltag stärker gefragt sind und deshalb mehr Übung darin besteht. Zudem sind auch die technischen Möglichkeiten immer besser geworden.» Doch er kann ebenso berichten, dass die Nervosität bei den jungen Referierenden trotzdem deutlich spürbar war.
Thematisch bot auch dieser Jahrgang wieder eine breite Vielfalt an Themen. Hier gab es vom Holzcomputer über eigene Applikationen bis hin zu Ernährungsfragen und politisch-gesellschaftlichen Fragen kaum ein Gebiet, was nicht berücksichtigt wurde. «Die Auswahl orientiert sich bei den meisten an den eigenen Interessensgebieten und Berufswünschen», erklärt Johannes Horschik. Auffällig sei dieses Jahr nur, dass sich vergleichsweise viele Arbeiten mit dem Wirtschaftsrecht befasst, während es etwas weniger künstlerische Themen gab. «Grundsätzlich gibt es aber Fächer, die immer eine gewisse Popularität haben, wie beispielsweise Geschichte oder Biologie», erklärt der Prorektor.