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Die Talentschmiede für Radballer

In Mosnang hat der Radballsport Tradition und in der vom Militär übernommenen Radballhalle findet der Nachwuchs unter der Leitung von Ruedi Artho ideale Trainingsbedingungen. Die Entstehung dieses ungewöhnlichen Ballsportes erscheint kurios.

MOSNANG. Ende des 19. Jahrhunderts soll der Radballsport entstanden sein. Nicholas Edward Kaufmann, ein amerikanischer Kunstradfahrer mit Schweizer Wurzeln soll der Legende nach mit dem Velo einem Mops begegnet sein. Um diesen nicht zu überfahren oder selbst zu stürzen, hat er den Hund mit dem Vorderrad aus dem Weg gekickt. Hund und Radfahrer haben die Aktion unbeschadet überstanden. Eine neue Sportart war geboren. Zur ersten öffentlichen Vorführung, diesmal ohne Hund aber mit Ball, kam es schon bald darauf. Der amerikanisch-schweizerische Radakrobat präsentierte zusammen mit John Featherly in Rochester (New York) im September 1883 das erste Spiel im Radballsport. Die Zuschauer sollen begeistert gewesen sein und der Sport fand eine schnelle Verbreitung und kam auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Europa an.

Über einhundert Jahre später begeistert die Sportart immer noch und hält grosse Spannung bereit, wie die 1.-Liga-Finals der Schweizer Meisterschaften am vergangenen Wochenende in Mosnang zeigten. In Mosnang selbst ist der Radballsport im Rad- und Motorfahrer Verein (RMV) organisiert. Der RMV gilt mit rund 25 aktiven Teams als die Talentschmiede der Schweiz. «Wir sind der grösste Verein im Ballradsport und investieren viel Zeit in unseren Nachwuchs», berichtet der Jugendtrainer und Nachwuchsförderer Ruedi Artho. Auf dem Konto des Vereins stehen viele Erfolge. Unter anderem hält man den Lead bei den meisten nationalen Titeln, welche ab Mitte der 1970er- bis Ende der 1980er-Jahren fast ausschliesslich von Paul Oberhänsli vom RMV Mosnang verteidigt wurden.

Ideale Bedingungen

Ein Teil des Erfolgsrezeptes des Vereins und gleichzeitig eine Erfordernis bei den vielen Mitgliedern ist, dass der RMV Mosnang über eine eigene Radball-Halle verfügt. Wie Ruedi Artho erklärt, hatte man das Glück, die ehemalige Militärunterkunft des Ortes für den Verein übernehmen und für den Radballsport umgestalten zu können. Die Halle ermöglicht es dem RMV, an praktisch jedem Abend in der Woche, von Montag bis Freitag, den verschiedenen Gruppen in zwei Schichten ein Training zu bieten. Die Halle muss zudem nicht mit anderen Vereinen geteilt werden. Möglichkeiten zum Kochen sowie eigene Umkleidekabinen und Duschen bieten zudem ideale Bedingungen. «Wir haben hier für die Schweiz echte Traumverhältnisse», weiss der Jugendtrainer. Eine ähnlich optimale Situation würde man nur noch in Diepoldsau vorfinden, doch bestünde hier der entsprechende Verein nicht mehr, erklärt er.

Wie wichtig solche Trainingsmöglichkeiten sind, zeigt auch der direkte Vergleich mit Deutschland, wo der Radball-Sport eine finanzielle Unterstützung der Sportförderung geniesst. Der Mosnanger Verein muss sich hingegen durch die Organisation von Events, wie dem Radball-Final-Turnier der Schweizer Meisterschaften am vergangenen Wochenende sowie Sponsorenbeiträgen finanzieren. Dieser Unterschied wird im Ergebnis allein durch Zahlen offenbart: Allein das Bundesland Baden-Württemberg verfügt über mehr Radball-Mannschaften als es in der ganzen Schweiz und dem österreichischen Vorarlberg zusammen gibt, weiss Ruedi Artho. Denn im Radball pflegt man einen engen Kontakt zu den Vereinen aus dem angrenzenden Ausland. Dazu gehören regelmässige Reisen zu Freundschaftsturnieren ebenso, wie die Bodensee Meisterschaften im Herbst, an dem die Teams rund um den Bodensee teilnehmen. «Das ist für uns ein noch stärkeres Kräftemessen als die Schweizer Meisterschaften», so Ruedi Artho.

Starke Jugendförderung

Die hervorragenden Bedingungen in Mosnang und der ausgezeichnete Ruf des Vereins locken auch zahlreiche junge Spieler an, weshalb sich der RMV nicht über Nachwuchsprobleme beklagen kann, wie die meisten anderen Vereine. Im Gegenteil: Hier spielen die Radballer im Alter von sieben bis 44 Jahren. Die starke Jugendförderung liegt in einem Umdenken innerhalb der Vereinsführung begründet. Während man sich in den 1960er-Jahren noch verstärkt um die aktiven Spieler bemühte, hielt vor rund 30 Jahren der Gedanke Einzug, auch mehr in die Nachwuchsarbeit zu investieren. Das Engagement hat sich ausgezahlt. «Wir geniessen einen sehr guten Ruf als anerkanntes Nachwuchsförderungszentrum», kann Ruedi Artho berichten.

Nachdem nun die Schweizer Meisterschaften beendet sind, warten noch einige Freundschaftsturniere auf die verschiedenen Teams des RMV Mosnang, bevor es in die Sommerferien geht. Danach steht das grosse Open-Air-Turnier auf der Kreuzegg auf dem Programm, bevor im Herbst die Bodensee Meisterschaften den Spielern solides Können abverlangen. Schon bald danach wird in die nächste Spielsaison gestartet. Doch auch diese wird man beim RMV dank der intensiven Jugendarbeit wieder mit einer Vielzahl vielversprechender junger Talente und bereits gereiften, hervorragenden Radballspielern bestreiten können.