Glarus. - Aegidius Tschudi kam im Februar 1505 in Glarus zur Welt. Seine Familie stellte schon seit Generationen Landammänner und war mit vielen einflussreichen Grössen verwandt. Er gehörte zur Oberschicht, ein wichtiger Aspekt bei seiner Suche nach der Schweizer Geschichte. Durch die familiäre Prägung und den Wohlstand hatte der junge Tschudi schon früh Kontakt mit dem politischen Leben und der Historie des Landes und ermöglichte ihm den Einstieg in das Dasein als Gelehrter und in politische Ämter. In den Zeiten der Reformation besuchte Tschudi die Latainschule des Reformators Huldrych Zwingli, damals Pfarrer in Glarus.
Überlieferungen zusammengefasst
Die berühmte «Chronicon Helveticum» entstand in den Jahren 1534 bis 1536. Sie beschreiben die Geschichte der Eidgenossenschaft vom Jahr 1000 bis jeweils 1370, der sogenannten Urschrift, und 1200 bis 1470, in der Reinschrift. Aegidius Tschudi verfasste darin auch die bekannten mündlichen und schriftlichen Überlieferungen der Wilhelm Tell Erzählung zu einer Sage. Die Geschichte um den bekannten Schweizer Freiheitskämpfer setzte Tschudi im Jahr 1307 mit dem Rütlischwur an. Im Gegensatz zur erstmaligen Erwähnung im „Weissen Buch von Samen“ um 1470, setzte der Glarner Geschichtsschreiber Tschudi mit dem „Mittwoch vor Martini“ 1307 erstmals den Bezug zu einer Jahreszahl. Die in die Chroniken eingebettete Sage um Tell wurde aber erst 1734/1736 von Johann Rudolf Iselin in Basel publiziert. Doch dies legte den Grundstein, dass die Sage um Wilhelm Tell weite Verbreitung fand. Ausserdem wurde diese Geschichte einige Jahre später, um 1804, in dem Schauspiel „Wilhelm Tell“ von Friedrich Schiller auch literarisch verewigt.
Zwanzig Jahre später erschien Tschudis zweites bedeutendes Werk. Die „Gallia comata“ ist eine Beschreibung der frühen Schweizer Geschichte bis zum Jahr 1000. Auch die erste Schweizer Karte stammte von dem Glarner. In seiner 1538 veröffentlichten Schrift „Alpisch Rhetia“, die einzige welche je zu seinen Lebzeiten erschien, ist eine Kartografie enthalten, in der recht detailliert auch Höhenzüge und Täler angegeben waren, und die die gesamte Schweiz abbildete. Zu dieser Zeit wohl eine der genausten Karten. Ausserdem verfasste Tschudi Beiträge zur 1547 erschienen Schweizerchronik von Johannes Stumpf.
Mehr als ein Chronist
Doch war Tschudi mehr als nur Geschichtsschreiber und Chronist. So war er auch ein bekannter Politiker, dessen Laufbahn als Landvogt von Sargans begann. Danach folgten Ämter, wie Obervogt von Rorschach oder die eines Landvogts der Grafschaft Baden. Als Ratsherr 1533 mischte Tschudi auch in der Glarner Politik mit. Er amtierte als Landammann, später auch in Uri und Schwyz, um nur einige wichtige politischen Ämter Tschudis zu nennen. Er erarbeitete sich einen guten Ruf als Berater und Vermittler in juristischen Belangen, so z.B. als Glarner Gesandter auch am französischen Hof. Tschudi spielte auch eine wichtige Rolle im Glarnerhandel, auch bekannt als Tschudi-Krieg. Dieser resultierte aus den konfessionellen Gegensätzen und der versuchten Rekatholisierung mittels Waffengewalt. Dieser Plan fand keine Unterstützung durch die Nachbarkantone, wie auch aus dem Ausland und Tschudi wurde darauf 1560 als Landammann von dem gemässigten Katholiken Gabriel Hässi abgelöst. In der Folge dieser Auseinandersetzungen wurde die Gleichberechtigung der beiden Glaubensrichtungen in Glarus festgeschrieben.
Prägend und in Erinnerung
Aufgrund seiner politischen Misserfolge im Glarner Handel zog sich Tschudi nach Rapperswil zurück. Bedingt durch seine Ämter erhielt Tschudi Einblicke in verschiedenste Unterlagen und Dokumente, welche ihm die Arbeit an seinen Chroniken erleichtern sollte.
Obwohl Tschudis Schaffen nicht unumstritten blieb, gilt er als einer der bedeutendsten Geschichtsschreiber der Schweiz und prägte den Mythos der Befreiungsgeschichte nachhaltig. Tschudi starb am 28. Februar 1572 auf der sich im Familienbesitz befindlichen Burg Gräpplnag. Sein Nachlass verblieb im Besitz der Familie, bis er 1767 teilweise an die Stadt Zürich und das Kloster St.Gallen veräussert wurde. Noch heute erinnert die Aegidius Tschudi Strasse in Glarus an einen der bekanntesten Söhne der Gemeinde.