Uznach. – Der Ritt auf der Kanonenkugel ist wohl die berühmteste Mär des deutschen Adligen aus dem Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg, Hieronymus Carl Friedrich Freiherr von Münchhausen, der jedem Kind besser bekannt ist unter dem Namen „der Lügenbaron“. Obwohl man nur von vier Lügengeschichten mit Sicherheit weiss, dass Münchhausen sie tatsächlich erzählt hat, werden dem Baron insgesamt weit über hundert solcher Täuschungserzählungen zugeschrieben, in denen er die Grenzen des Machbaren ad absurdum führte.
Aussergewöhnliche Abenteuer
Doch wenn auch als Schwindler entlarvt, begeistern eben diese Geschichten seit Generationen. Denn welches Kind träumt nicht davon, sich am eigenen Zopf aus einem Sumpf ziehen zu können oder stellt sich gerne vor, wie an einem kalten Wintertag die Töne im Posthorn eines Kutschers erfrieren, um dann später in der Schenke, wenn es wieder wärmer ist, aufzutauen und von alleine Musik zu spielen.
Unter anderem war auch der Dichter Gottfried August Bürger, ein Zeitgenosse des Freiherrn von Münchhausen, von dessen Geschichten so fasziniert, dass er sie niederschrieb. So kann heute noch nachgelesen werden, welch aussergewöhnliche Abenteuer der Baron erlebte. Bürgers Buch diente auch als Grundlage der Theaterinszenierung „Münchhausen – das Original!“ von Lorenz Belser. Hierbei erlebte man eine sprachliche Zeitreise, denn das Stück lebte nicht nur von den unglaublichen Geschichten des Barons selbst, sondern auch durch die verwendete, extravagante Ausdrucksweise der so genannten Goethezeit, zwischen „Sturm und Drang“ und der „Klassik“.
Wetteifern der Phantasie
Nicht zuletzt war es aber die originelle Inszenierung mit gleich zwei Baronen, die den Schwindel und die sich immer weiter überbietenden Darstellungen im Kampf um die Gunst der Zuhörerschaft so interessant machten. Umso deutlicher wurde, wo die Fallstricke, Tücken und Unmöglichkeiten in der jeweiligen Geschichte steckten. Denn in der Realität geht alles schief, nur in der wunderbaren Welt der Worte und der Phantasie ist der Baron stark, ja unschlagbar.
Wunderbar dargestellt wurde der Baron dabei zum einen vom bekannten Innerschweizer Volkstheaterschauspieler Walter Sigi Arnold, dessen Stimme auch aus zahlreichen Hörspielen von Radio DRS bekannt ist. Er nahm sich auf der Bühne nicht nur vielen Klassikern der deutschen Literatur an, sondern war auch immer wieder mit Gastauftritten im Fernsehen oder als Protagonist in Kinofilmen zu erleben. 2008 erhielt Arnold den Kunst- und Kultur-Anerkennungspreis der Stadt Luzern.
An seiner Seite erlebte man in Uznach zudem Carlo Ghirardelli auf der Bühne, der seinem Kollegen in nichts nachstand. Der Zürcher, den man unter anderem aus der Schweizer Musical-Produktion „Manche mögen’s heiss“ kennt, verkörpert den Lügenbaron ebenfalls begeisternd. Herrlich, wie die beiden Münchhausen versuchten, sich gegenseitig mit ihren Geschichten zu übertrumpfen und damit auch zeigten, wie es zu solchen Schwindeleien kommen kann. Selten waren Lügen so schön.