Schänis. – Alfred Steiner kann von fast 90 Jahren erlebter Ortsgeschichte in Schänis berichten. Viel hat sich hier seit seiner Kindheit verändert. Er selbst kam als eines von neun Geschwistern am 12. Juli 1926 noch bei einer damals üblichen Hausgeburt im Bergheim Oberschwanden im Dorf Schänis zur Welt. „Das war noch eine ganz andere Zeit. Damals gab es in dem nicht einmal durch eine Strasse erschlossenen Haus und Stall weder fliessendes Wasser, noch Elektrizität“, erinnert er sich.
Eine glückliche Kindheit und Jugend hatte der Sohn eines Landwirtes und Holzers aber dennoch – oder gerade deswegen: „Wir hatten verglichen mit heute wirklich nichts. Aber das betraf alle, weshalb auch alle gleich waren“, kommentiert er. So mussten die Kinder kreativ werden, und sich beispielsweise aus Fassdauben Ski bauen, wenn sie im Winter den Hang hinunter wollten. Auch war es üblich, dass sie den ganzen Sommer über barfuss liefen, um die Schuhsohlen zu schonen. „Die Mutter hat erst im Herbst wieder die Schuhe herausgegeben“, blickt Steiner mit einem Schmunzeln zurück auf diese Zeit.
Grosse Veränderungen
Eine für ihn elementare Veränderung des Lebens damals zu dem im modernen Schänis liegt für ihn aber auch in der Vielfalt des wirtschaftlichen Lebens. „1939 hatten wir hier noch 30 Bauernhöfe allein im Dorf. Heute sind es nur noch zehn. Es gab fünf Bäckereien, nun nur noch eine. Von den elf Spezereiläden ist keiner geblieben und aus den elf Wirtschaften wurden acht“, beschreibt er die Veränderungen. „Das ist schade, da man damals alles ganz praktisch einkaufen konnte. Heute muss man in die grossen Einkaufszentren.“
Auf der anderen Seite erlebte er aber auch hautnah grosse Verbesserungen mit. So beispielsweise jene im Schulwesen. Während in den heutigen Gemeindeteilen, die allesamt eigenständige Schulgemeinden waren, zumeist nur ein Lehrer bis zu 70 Schüler der verschiedenen Alterststufen unterrichtete, durfte Steiner die Zusammenlegung der fünf Schulgemeinden hautnah miterleben. Zunächst als Briefträger tätig, engagierte er sich bald auch im Schulwesen und wurde in den 1970er Jahren zum Schulsekretär gewählt. „Das war eine Aufgabe, die mich sehr befriedigt hat“, erzählt er.
Engagiert für die Gemeinschaft
Und auch sonst kann Steiner auf eine lange Liste von Ämtern und Aktivitäten zurückblicken. Unter anderem war er von 1960 bis 1972 Gemeinderat, hiervon zwei Amtsdauern Vize-Amman. Während 23 Jahren war Steiner als Amtsvormund tätig, 13 Jahre Verwalter der Gemeindekrankenkasse. Von 1979 bis 1995 Ersatzrichter und nach seiner Pensionierung 13 Jahre Gerichtsweibel im Bezirk Gaster. Er amtete seit der Gründung 1980 bis 1996 als Präsident der Werkjahrschule Linthgebiet, war 27 Jahre lang Präsident der CSS Schänis Krankenkasse und Mitglied des Kantonalvorstandes.
Steiner war zudem als Fleischschauer und Vieh-Inspektor, sowie auch 13 Jahre als Aktuar der Genossenschaft Alterswohnungen Schänis aktiv am Gemeindeleben beteiligt. Auch amtierte er als Präsident vom Sängerverband an der Linth. Hier ist er als Mitglied des Männerchores Schänis nicht nur als zweitältester im Veteranenchor nach wie vor aktiv, sondern war auch ein Jahrzehnt dessen Obmann.
Zur Ruhe gekommen
„Ich konnte einfach nicht nein sagen“, erklärt er mit einem Lachen. Nun ist Alfred Steiner-Küng aber zur Ruhe gekommen. „Ich bin sehr zufrieden und habe eine tolle Familie. Was will man mehr?“, kann er sagen. Zwar ist seine Frau Josefina, die er 1951 heiratete und mit der er zwei Töchter und drei Söhne hat, seit drei Jahren nicht mehr an seiner Seite, doch freut er sich über nicht weniger als acht mittlerweile erwachsene Enkelkinder, die ihm mit grossen Stolz erfüllen. Er selbst besiegte vor zehn Jahren den Krebs, ist aber nach wie vor rüstig und kommt mit wenig Unterstützung seiner Kinder in der Haushaltsführung allein zu recht.
Einen Bedarf, etwas zu ändern, verspürt der fast 90-Jährige nicht mehr. So amtet zwar sein Schwiegersohn, Herbert Küng, als Gemeindepräsident, doch hält sich der Schwiegervater mittlerweile gerne heraus, wenn es um politische Fragen geht. „Das ist jetzt Sache der nächsten Generationen“, hält er fest. Allein den Fusionsfragen steht er kritisch gegenüber. „Ich bin der Meinung, dass sich Gemeinden von einer gewissen Grösse selbst über Wasser halten können sollten“, merkt er an. „Zudem sehe ich mit einer gewissen Sorge, dass es fast überall Nachwuchsprobleme gibt und die Jungen sich heute weniger für gesellschaftliche und politische Belange interessieren“, hält er fest. „Mein Rat ist deshalb, dass sich die jungen Leute auch am Gemeindeleben interessieren und sich in Vereinen engagieren sollten, damit die gesellschaftlichen Strukturen erhalten bleiben.