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Angst vor Vertrauensverlust

Bei der Mütter- und Väterberatung Toggenburg sorgten zur Hauptversammlung am Mittwochabend Gefährdungsmeldungen an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) für Redebedarf, dem mit einem Referat vom Präsidenten der KESB Toggenburg begegnet werden konnte.

Toggenburg. Mit Blick auf sein erstes Präsidialjahr der Mütter- und Väterberatung (MVB) Toggenburg konnte sich Peter Bünzli über einen geglückten Start freuen und entsprechend auf viele positive Entwicklungen zurückblicken. Als probates Mittel habe sich erwiesen, dass die Beraterinnen Christine Louis-Dähler und Marianne Schläpfer-Widmer an sämtliche Sitzungen teilnehmen und so ein direkter Austausch entsteht. «Damit haben wir erreicht, dass wir näher an den Puls des Geschehens kamen und sehr direkt und effizient arbeiten können», so Peter Bünzli. Freuen konnte man sich auch darüber, dass angesichts der komplexer werdenden Aufgaben und teilweise neuen gesetzlichen Grundlagen eine Erhöhung der Stellenprozente der Beraterinnen um 5 Prozent erreicht werden konnte. Die Vision eines Familienzentrums allerdings bleibt zunächst noch ein Traum, doch bleibe man auch hier am Ball, versprach Peter Bünzli.

Zur Hauptversammlung am Mittwoch im Thurpark Wattwil wurden die mit einem Gewinn von knapp 5300 Franken schliessende Jahresrechnung 2014, sowie das Budget 2015, das einen Verlust von rund 5500 Franken ausweist, einstimmig und diskussionslos angenommen.

Unsicherheiten und Fragen
Redebedarf bestand vielmehr hinsichtlich des Verhaltens bei allfälligen Gefährdungsmeldungen, die an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde gerichtet werden müssen, wenn ein Missstand festgestellt wird. Der Notwendigkeit zum Schutz des Kindes steht ein möglicher Vertrauensverlust der Eltern gegenüber. «Es sollte nicht prioritär in der Verantwortung der MVB liegen, Gefährdungsmeldungen zu machen. Würde es zur Regel werden, dass die MVB mehrheitlich die Meldungen einreicht, könnte das zu einem Vertrauensverlust unserer Organisation gegenüber führen», erklärten die Beraterinnen ihre Sorge, dass das Angebot der Mütter- und Väterberatung nicht mehr in Anspruch genommen würde. Zudem offenbarten sich Verunsicherungen im Umgang mit den Datenschutzgesetzen. Auch wurde die Forderung nach einer interdisziplinären Vernetzung und einer offenen Zusammenarbeit auf Augenhöhe laut.

«Generell ist wie in vielen Bereichen eine gute Vernetzung unabdingbar für den Erfolg», hielt Peter Bünzli fest. Umso mehr konnte es ihn freuen, dass Glen Aggeler, Präsident der KESB Toggenburg, im Anschluss an die Versammlung für ein Referat gewonnen werden konnte. Und auch er nutzte die Gelegenheit nur zu gern, um Missverständnisse aus dem Weg zu räumen, aufzuklären und einen gemeinsamen Weg zu suchen. Denn die angesprochene Problematik des Datenschutzes sei ein sensibler Bereich, der eine Güterabwägung im Einzelfall erfordere. Auch stehe im Zweifel der Angst vor einem Vertrauensverlust das Kindeswohl gegenüber, welches das gemeinsame Ziel aller involvierten Stellen ist.

Kindeswohl im Zentrum
Um Unsicherheiten aus den Weg zu räumen und diesen frei für eine gute Zusammenarbeit zu machen, nutzte Glen Aggeler die Gelegenheit, die Arbeit und die Aufgaben der KESB vorzustellen, über die zur Verfügung gestellten Informations- und Arbeitsmaterialien zu informieren und Handlungsmöglichkeiten, sowie Melderechte und auch -plichten aufzuzeigen. So hielt er klar fest, dass es das Ziel der Fachbehörde ist, «zunächst alle niederschwelligen Möglichkeiten von der eigenen zur gesetzlichen Vorsorge bis zu subsidiären Angeboten wie der Mütter- und Väterberatung auszuschöpfen, bevor die KESB aktiv wird.» Zudem seien dabei alle Massnahmen nur so stark wie zwingend nötig anzuwenden. Dabei reiche die Palette bezüglich der Kinderschutzmassnahmen von einer Mahnung oder Weisung bis hin zum Entzug der elterlichen Sorgerechte als letztes Mittel.

Unabdingbar im Fokus stehe dabei aber das Wohl des Kindes, weshalb er zum einen zu Zivilcourage aufrief und zum anderen darauf hinwies, dass man sich im Zweifel sowohl an die KESB selbst, als auch an die regionalen Kinderschutzgruppen oder das Kinderschutzzentrum wenden könne. Hier besteht die Möglichkeit, Fälle anonymisiert zu besprechen und Rat für ein weiteres Vorgehen einzuholen. «Denn ein Patentrezept gibt es nicht, was unsere Arbeit schwierig macht.» Aufbauend darauf hoffte er, dass man mit diesen Informationen und der Diskussion die Grundlage für eine gute künftige Zusammenarbeit gelegt habe.

 

«Aktiv werden und nachfragen»*

Ich verstehe die Schwierigkeiten der Beraterinnen, dass sie nach einer Meldung auch weiter mit den betroffenen Familien zusammenarbeiten und sich ohne eine Rückmeldung über die weitere Entwicklung alleingelassen fühlen. Ich kann die Problematik nachvollziehen, muss aber darauf hinweisen, dass es uns je nach Fall aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist, Auskünfte während des Verfahrens zu erteilen. Im Zweifel ist sicher gut, einfach selbst aktiv zu werden, zum Telefon zu greifen und direkt bei uns nachzufragen. Dann kann ziemlich schnell geklärt werden, ob es allenfalls sinnvoll ist, sich auszutauschen und dadurch die weitere Arbeit mit der betroffenen Familie zu unterstützen oder ob dies nicht zuträglich ist. Dies muss aber immer im Einzelfall angeschaut werden. Ansonsten kann ich nur an alle appellieren, dass man auch darauf vertrauen darf, dass die KESB ihre Arbeit macht.                  Glen Aggeler, Präsident der KESB Toggenburg