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Von Leid und Hoffnung

Am Dienstagabend erfuhr man in der evangelischen Kirche Ebnat-Kappel von Leid und Qualen, aber auch von Hoffnungen und Visionen. Der kongolesische Flüchtling und Buchautor Emmanuel Mbolela las aus seinem Buch «Mein Weg vom Kongo nach Europa» und berichtete über sein Heimatland.

Ebnat-Kappel. Das Flüchtlingsthema beschäftigt Europa und die Welt dieser Tage wie kaum ein zweites. Neben den Problemen in der praktischen Handhabung der Flüchtlingswellen, den Befürchtungen der Bevölkerung und den Ängsten vor den Konsequenzen stehen aber auch menschliche Schicksale. Diese rückte die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde Ebnat-Kappel am Dienstag in den Fokus. Stellvertretend für diejenigen, die gezwungen sind, aus ihren Heimatländern zu fliehen, war Emmanuel Mbolela zu Gast in der Kirche und las aus seinem Buch «Mein Weg vom Kongo nach Europa – zwischen Widerstand, Flucht und Exil». 

Ein unterjochtes Land
Die zentralafrikanische Republik Kongo blickt auf eine bewegte und von Ausbeutung geprägte Geschichte zurück. Der bezüglich der Fläche zweitgrösste Staat Afrikas zählt trotz seines Rohstoffreichtums bedingt durch jahrzehntelange Ausbeutung, Korruption, jahrelange Kriege und ständige Bevölkerungszunahme bis heute zu den ärmsten Ländern der Welt. Was dies für die Menschen im Kongo bedeutet und wie sich der Einsatz für ein freies, demokratisches Land auf die Einzelschicksale auswirken kann, davon berichtete Emmanuel Mbolela.

Mit Unterstützung von Dolmetscher Dieter Behr, der die Lesung und Diskussion aus dem Französischen übersetzte, las er in Auszügen aus seinem Buch «Mein Weg vom Kongo nach Europa» und berichtete in Erzählungen über die Zustände in seinem Heimatland, die Umstände seiner Flucht über die Sahara und Marokko nach Europa und seinen Erlebnissen auf derselben. Aber auch die Geschichte seines Heimatlandes kam nicht zu kurz; von der Herrschaft des belgischen Königs Leopold II., die als eines der grausamsten Kolonialregime gilt, über die aufkeimenden Unabhängigkeitsbemühungen, diktatorischen Regierungen und Bürgerkrieg. Denn um die heutige Situation im Kongo zu verstehen, muss zunächst zurückgeblickt werden. So machte er deutlich, wie reiche Rohstoffvorkommen nicht nur ein Segen sein können und welche Konsequenzen bis heute aus der Unterjochung des Landes resultieren.

Ein gefährlicher Weg
Begleitet wurde die Lesung vom senegalesischen Musiker Baye Magatte Ndaye, der bereits den Musik-Gottesdienst am vergangenen Sonntag mitgestaltete und wiederum eine besondere Atmosphäre schuf. Schon zu Beginn versetzte er das Publikum akustisch nach Afrika mit einem Lied, in dem er seine Landsleute beschwor, sich nicht für Hoffnung auf Wohlstand die Reise gen Europa anzutreten und die dabei lauernden Gefahren auf sich zu nehmen.

Von diesen Gefahren konnte auch Emmanuel Mbolela berichten. Er allerdings hatte sich nicht mit der Hoffnung nach einem wirtschaftlich besseren Leben auf den Weg gemacht, sondern war dazu gezwungen gewesen. Als Student aktiv an der Demokratiebewegung im Kongo beteiligt, wurde er bei einer Demonstration inhaftiert. «Im Kongo im Gefängnis zu sein, ist nicht wie hier in Europa», hielt er in diesem Zusammenhang fest. Neben der zu erleidenden Folter musste er erleben, wie die miserablen hygienischen Bedingungen, sowie der Platz- und Sauerstoffmangel vielen seiner Mithäftlinge das Leben kosteten. Seine Eltern aber konnten erwirken, dass er das Gefängnis wieder verlassen konnte – dies allerdings nur unter der Bedingung, dass er auch das Land verlässt, womit sich das erlittene und beobachtete Leid auf seinem Weg fortsetzte.

Hoffnungen und Visionen
Mit seinen Erzählungen und seinem Buch gibt Emmanuel Mbolela «den Stimmlosen eine Stimme»; sorgt für ein besseres Verständnis und Erkenntnisse. Aber er bot noch mehr. Neben den beschriebenen Qualen und der spürbaren Trauer um die Verhältnisse im Kongo machte Emmanuel Mbolela aber ebenso deutlich, wo seine Visionen und Wünsche für seine Heimat liegen. Und diese sind nicht schwer nachzuvollziehen, hofft der heute in den Niederlanden lebende Flüchtling und Buchautor doch nach wie vor auf eine Durchsetzung der demokratischen Grundordnung und der Menschenrechte in seiner Heimat, die hierzulande als Selbstverständlichkeit wahrgenommen werden. Deshalb setzt er sich dafür ein, dass sich überall auf der Welt freiheitliche, menschenwürdige Werte durchsetzen, die anderen Menschen den gleichen qualvollen Weg ersparen, den er gegangen ist und auf dem so viele seiner Wegbegleiter den Tod gefunden haben.