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Grosses Interesse an aussergewöhnlichen Funden in Kempraten

Seit Mitte Juni gräbt die Kantonsarchäologie in Kempraten direkt am Zürichsee. Auslöser dafür ist ein privates Bauprojekt, bei dem ein aussergewöhnlicher Fund zutage gefördert wurde, der am Samstag bei öffentlichen Führungen präsentiert wurde.

Rapperswil-Jona. – Auf dem Privatareal der Familie Séquin an der Zürcherstrasse in Kempraten wurde bei Sondierungsbohrungen für ein Bauvorhaben eine archäologisch hochinteressante Entdeckung gemacht. Eine Spur, die nicht versanden, sondern Beeindruckendes zutage fördern sollte. Denn hier, nahezu direkt am Seeufer, konnten die Kantonsarchäologen nicht nur drei gut erhaltene Kalköfen aus dem zweiten Jahrhundert nach Christus freilegen, sondern auch Reste eines Heiligtums für den Mithraskult.

„Hot-Spot“ der Altertumskunde
Das erfreute nicht zuletzt Katrin Meier, Leiterin des Amtes für Kultur des Kantons St. Gallen. „Dies ist das dritte Heiligtum des Mithraskultes, das in der Schweiz bisher gefunden wurde“, konnte sie anlässlich ihrer Eröffnungsrede vor den äusserst zahlreichen, interessierten Besucherinnen und Besuchern erklären. Doch nicht nur die Funde selbst freuten die Kulturamtsleiterin, sondern auch die funktionierende Zusammenarbeit mit den kommunalen Behörden und eben auch den Landbesitzern. Denn gerade dies sei nicht selbstverständlich, so Meier: „Die Archäologie ist nicht immer gleich willkommen wie hier.“

Im Ergebnis dieser Rücksichtnahme konnte nun ein weiterer Meilenstein in der bereits über zehn Jahre dauernden, äusserst erfolgreichen Ausgrabungsgeschichte in Kempraten gefeiert werden. Denn der Rapperswiler Ortsteil entwickelt sich aufgrund der regen Bautätigkeit nahezu zu einem „Hot-Spot“ der Altertumskunde, wie die stellvertretende Leiterin der Kantonsarchäologie Regula Steinhauser erklärte.

Der leitende Kantonsarchäologe Martin Schindler betonte ebenfalls die Besonderheiten des römischen Kempraten, die sich beispielsweise durch den bereits im zweiten Jahrhundert vorgenommenen Ersatz der üblichen Holzbauten durch Steinhäuser niederschlug. „Dies ist ein klares Zeichen von Wohlstand“, erläuterte Schindler. Die Hauptsiedlung an der heutigen Meienbergstrasse zeichnet sich durch eben diese grossen Bauten im mediterranen Stil aus und zeugt von der Bedeutung des Handels, des Handwerks und des Verkehrs im historischen Kempraten. Aber auch die weiteren Funde, wie an der Seewiese und Fluh lassen noch auf weitere spannende Erkenntnisse hoffen.

Funde mit Seltenheitswert
Am Samstag aber standen die nicht minder überraschenden Ausgrabungsfunde an der Zürcherstrasse im Fokus. Aufgrund des grossen Besucheransturms in zwei Gruppen aufgeteilt, konnten die Interessierten die Ausgrabungsstätten besichtigt werden. Regula Ackermann und Sarah Lo Russo von der Kantonsarchäologie erklärten dabei die freigelegten Funde und die Vorgehensweise bei den Ausgrabungen. So erfuhr man anhand der drei Kalköfen mehr über die kulturelle Entwicklung im römischen Reich, wie, warum und wann das Handwerk gerade an dieser Stelle ausgeübt wurde, und dass die geborgenen Steine des letzten Brandes der Öfen aus Netstal stammten.

Aber auch Annahmen über den noch relativ unerforschten, dem vorderasiatische Gott Mithras verehrenden Kultes, der oft im Verborgenen und nur unter Männern ausgeübt wurde, beeindruckten die Anwesenden. „Zunächst haben wir eine Mauer freigelegt und dachten, dass diese noch zu der Ofenanlage gehörte“, erklärte Ackermann. „Dann sind aber viele weitere, aussergewöhnliche Funde ans Licht gekommen, wie beispielsweise zahlreiche Geflügelknochen. Das roch nahezu nach einer Kultstätte“, liess sie wissen. Und diese Vermutungen sollten sich nicht nur durch eine typische Bauweise des Kultraums mit einem abgesenkten Mittelgang und Liegebänken, sondern auch durch den Fund von Altären und Altarfragmenten, sowie Kultbildern bestätigen. Diese sind allerdings mittlerweile geborgen und nach St. Gallen verbracht. Dort wiederum wird nochmals am 18. November im Völkerkundemuseum zur öffentlichen Führung „Highlights aus Kempraten 2015 – Kalköfen und Mithräum“ eingeladen.