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«Besiegt ist nur, wer den Mut verliert»

Psychische Krisen sind nach wie vor bei vielen ein Tabuthema. Das Theater «Zwischen den Welten» öffnete am Montagabend im Kreuz die Schublade und holte dieses und die damit verbundenen Klischees heraus, sodass sie bei Licht betrachtet werden konnten.

Rapperswil-Jona. - Das Theater «Zwischen den Welten» gastierte am Montagabend im Rahmen des Kulturfestivals «Wahnsinnsnächte 2015» mit der szenischen Collage «Die Basler Stadtmusikanten» im Kreuz Rapperswil-Jona. Die humorvolle und damit Berührungsängste abbauende Adaption der «Bremer Stadtmusikanten» erzählt die Geschichte von Menschen, die aufgrund einer psychischen Erkrankung aus dem gesellschaftlichen Zusammenhang herausfallen, ausgegrenzt, weggesperrt, missverstanden werden. Sie fühlen sich nutzlos, einsam und ohnmächtig. Fast scheinen sie darum zu wetteifern, wem es am schlechtesten geht, klagen sich ihr Leid und erkennen dabei Gemeinsamkeiten: Sie alle fühlen sich stigmatisiert, von der Gesellschaft und nicht zuletzt durch ihr eigenes Gefühl, kein wertvoller Teil derselben zu sein. Und sie alle empfinden durch diesen Umstand grosse Einsamkeit.

Wege aus der Sackgasse
Wie bei den Bremer Stadtmusikanten wird getreu dem Motto «Gemeinsam statt einsam» trotz anfänglicher Skepsis ein Weg aus der Isolation gesucht und gefunden. In der emotionalen, aber auch mit Humor gespickten Geschichte von Freundschaft und Zusammenhalt offenbaren sich die Wünsche und Hoffnungen der einzelnen, die unter dem Strich bei jedem Menschen ähnlich sind.

Die Protagonisten arbeiteten im Stück teilweise ihre eigenen Geschichten mit ein, offenbarten sich und ihre Gedankenwelt. Damit exponierten sie sich, gingen aber auch beispielhaft voran, indem sie zeigten, dass auch Gefühle der eigenen Nutz- und Wertlosigkeit, der Unvollkommenheit zum Leben gehören und eben auch zu einem Krankheitsbild werden können. Eine in das Stück eingebaute Talkshow, in der über die Stadtmusikanten debattiert wurde, stellte ebenso wie die passend als Märchentante auftretende Erzählerin, humorvoll die Frage nach dem, was eigentlich unter «normal» zu verstehen sei.

So zeigte das Theater auch klar die Unterschiedlichkeiten in den Ausprägungen und Formen einer psychischen Erkrankung und den schmalen Grat in der Empfindung dieser als gesund oder krank. Ebenso wurde verdeutlicht, dass eine psychische Krise jeden und jede treffen kann – sei es in Form eines Bournouts oder einer Depression, einer zu geringen Selbstachtung, Angstzuständen oder Zwängen. Doch gibt es auch Wege aus der vermeintlichen Sackgasse. Bei den «Basler Stadtmusikanten» lag dieser Weg in der Erkenntnis, dass nicht im Alleingang, sondern mit gegenseitiger Hilfe und mit Unterstützung viel erreicht werden kann. Denn: «Besiegt ist nur, wer den Mut verliert», fassten sie ihre Botschaft zusammen.

Mit Kultur zur Erkenntnis
Das zum elften Mal veranstaltete Kulturfestival, das ursprünglich nur in Liechtenstein stattfand, hält seit einigen Jahren in enger Zusammenarbeit mit dem «Ostschweizer Forum für Psychische Gesundheit» auch spannende Veranstaltungen in den Kantonen St. Gallen und den beiden Appenzell bereit. Mit den insgesamt 20 Anlässen der «Wahnsinnsnächte 2015» wird das facettenreiche Thema der psychischen Erkrankung in vielfältiger Weise beleuchtet. Ebenso werden Denkanstösse gegeben und informiert. Denn eine psychische Krise ist kein persönliches Versagen oder eine Schwäche, sondern kann jeden und jede treffen, fasst Jürg Engler von der Fachstelle Psychische Gesundheit des Kantons St. Gallen und Vertreter des Kantons im «Ostschweizer Forums für Psychische Gesundheit» zusammen. Das Ziel der «Wahnsinnsnächte» ist, der Stigmatisierung psychischer Erkrankungen durch Erkenntnisse und auf lustvolle Weise etwas entgegen zu setzen.